case per vivere



Was ist Heimat, was braucht es, damit man sich zuhause fühlt? Wie ist es, fremd zu sein? Wieviel Raum braucht der Mensch für ein Zuhause?

Ein Haus hat eine Seele „eine Atmosphäre. Aber nur wenn es mit Seele, mit Anwesenheit von Menschen gefüllt wird, beseelt wird. Es gibt hier viele leer stehende Häuser. Man hat Geld, kann noch ein grosses Haus bauen, dann noch eines für die Kinder, wenn sie dann mal gross sind. Die Häuser sehen schön aus, haben Stil. Wunderbare Gärten sind angelegt, der Kreativität wurden keine Grenzen gesetzt. Doch ein Haus bauen ist eine Sache. Es jedoch zu bewohnen, beleben und es zu pflegen ist jedoch eine andere. Wenn es zu gross ist, wird dies unmöglich. Die Menschen leben dann nur in ein oder zwei Räumen. Die anderen wirken kalt und unbewohnt. Die Gärten pflegen kostet Geld und Kraft und für Menschen, die älter werden wird dies zu einer grossen Belastung.

So vieles haben wir, können es aber nicht mit Leben füllen. Ich empfinde das so. So werden unsere Dinge, die wir uns anhäufen zu Lasten. Sie mahnen uns täglich: „Ach, ich sollte ja dies noch sortieren, jenes mal aufräumen, dieses noch reparieren...“ usw.

Diesen ganzen Prozess, ein altes Häuschen wohnbar zu machen darf ich nun miterleben und mitgestalten. Das Häuschen hatte schon verschiedene Phasen der Wohnbarkeit miterlebt. In den 50-er Jahren erbaut, solide nach alter Bauart mit alten grossen Steinen, Mörtel und Kastanienträgern. Es hat auch schon einige kleinere und ein grösseres Erdbeben überlebt. Bravo! Also solide Materialen, ohne Schnickschnack. Dies lohnt sich zu erhalten.

Dabei geht es immer wieder um dieses Thema: Was brauche ich wirklich? Wie können wir mit möglichst einfachen Mitteln den Wert erhalten? Auch den Wert der Dinge, die hier früher gebraucht wurden möchten wir zurückgeben: Hier ein paar von Hand erstellte Getreidesiebe, alte Türen von entfernten Mauern, alte Fenstergitter aus solidem Eisen, einfach geschnörkelt.

Hier mit Herzblut Kreativität zu investieren ist eine grosse Bereicherung. Doch das Ziel ist es, alles was zuviel ist abzustossen. Entweder zu veschenken oder zu entsorgen. Ein Akt der Entlastung von Altlasten. Das ist auch mit inneren Prozessen verbunden: Erinnern, entscheiden, abschliessen.

So mache ich mir Gedanken über die Häuser hier, über das „Zuviel“ in unserer Gesellschaft, über das „Haben“ und das „Sein“.

So zeugen auch die vielen leer stehenden Häuser von der wirtschaftlichen Entwicklung einer Gesellschaft.

Im Künstlerischen Prozess bin ich am Umsetzen von diesen Gedanken: Ein Haus ist Sinnbild von Lebensgeschichten, Schicksalen und Lebenshaltungen. Hier kreuzen und spiegeln sich Lebensbilder. Häuser reflektieren auch Lebensmuster, sie sind wie das Gesicht und das Herz der Menschen, welche sie bewohnen, zu lesen.

Diese Wegkreuzungen stellen die verschieden farbigen Lasurstreifen dar. Jede Schicht, jeder Streifen, der sich anfangs über das ganze Blatt zieht, braucht Zeit zum trocknen bis die nächste Schicht möglich wird. So wie es Zeit braucht ein Haus zu beseelen. So entstehen Schicht um Schicht eine sich überkreuzende farbige Welt, die im zweiten Schritt wieder eingegrenzt wird in Form eines Hauses. Blau, Schwarz oder Weiss. Die Zwischenräume sind die Wege, die „vicoli“. Von Skizzen in Farbstift, über Aquarell bis hin zu Acrylbildern aus Pigmentfarben gebe ich diesem Prozess einen Raum.



Gleichzeitig möchte ich die Eindrücke vor Ort (Menschen, Natur) nicht unbeachtet lassen. Mit kleinen Aquarellskizzen ergänze ich meine Studien und sammle so Material für weitere gestalterische Umsetzungen. Die Skizzenblätter erstelle ich mir aus „ausgemisteten“ Papieren, welche sonst entsorgt werden, grundiere sie und binde sie zu einem handmade Skizzenblock zusammen.

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